Refugio München 2024 – Refugio München hält auch im Sturm Kurs
Unser Jahresbericht gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über unsere Arbeit und die verschiedenen Arbeitsbereiche sowie Projekte des letzten Jahres.
Liebe Freundinnen und Freunde von Refugio München, liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,
„Was heißt Humanität? – dass kein Mensch des anderen wegen da sei, sondern jeder um seiner selbst willen.“
Friedrich Schiller (1759-1805): Über Anmut und Würde, Essay, 1793
Dieser Gedanke klingt heute fast utopisch. Und doch bleibt er richtungsweisend – gerade in einer Zeit, in der Menschenwürde verhandelbar erscheint. Für Refugio München ist Humanität keine Floskel, sondern ein handlungsleitendes Prinzip. Unsere Arbeit mit geflüchteten Menschen gründet in der Überzeugung, dass jeder Mensch Anspruch auf Würde, Schutz und Teilhabe hat – unabhängig von Herkunft, Status oder Aufenthaltsrecht.
Diese Haltung ist mehr als eine moralische Position. Sie ist Auftrag – und Ausdruck einer humanitären Verantwortung, die unsere Gesellschaft gemeinsam trägt. Die öffentliche Förderung unserer Arbeit macht deutlich: Humanität ist nicht nur individuelle Haltung, sondern auch politische Entscheidung.
Dieser Auftrag bleibt bestehen – auch wenn sich gesellschaftliche Debatten verändern oder migrationspolitische Weichen neu gestellt werden. Denn traumatisierte Menschen brauchen Schutz, auch wenn weniger kommen dürfen. Unsere Angebote werden nicht überflüssig, wenn die Zugangsschwellen steigen – im Gegenteil: Schon heute arbeiten wir an der Belastungsgrenze, mit Wartelisten für die Aufnahme neuer Klient*innen. Wir bedauern es zutiefst, dass wir aktuell nicht allen gerecht werden können – und arbeiten kontinuierlich daran, unsere Kapazitäten im Rahmen des Möglichen zu erweitern.
Im Leitbild von Refugio München heißt es: Wir achten die körperliche und individuelle Integrität der Personen, die unsere Angebote nutzen und treten für die Selbstbestimmung aller Menschen ein, sofern sie nicht die Freiheit anderer einschränken. Diese Haltung der Mitarbeitenden von Refugio München spiegelt die Verpflichtung zur Humanität. Sie erinnert uns täglich daran, warum und wie wir handeln – professionell, zugewandt, solidarisch. Dabei bewegt sich unsere Arbeit stets im Spannungsfeld zwischen der Lebensrealität unserer Klient*innen und den rechtlichen Rahmenbedingungen, die ihren Alltag mitbestimmen. Wir respektieren diese Rahmenbedingungen. Doch wo sie Leid verursachen, bleiben wir nicht stumm, sondern treten für Menschlichkeit ein – mit fachlicher Expertise und klarer Haltung.
Friedrich Schillers Idee von der Humanität als Selbstzweck des Menschen erinnert uns daran, worauf es letztlich ankommt: auf die Anerkennung Einzelner – nicht als Teil eines Problems, sondern als Träger*innen von Rechten, Bedürfnissen und der Gewissheit einer stabilen Zukunft. In diesem Sinne appellieren wir an Politik und Gesellschaft, Humanität als bleibenden Maßstab für das eigene Handeln zu begreifen. Denn eine Gesellschaft zeigt ihre Stärke nicht zuletzt daran, wie sie mit den Schwächsten umgeht.
Markus Weinkopf
für den Vorstand
Hier finden Sie einige Artikel aus dem Jahresbericht 2024: